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25.06.2022 Kategorie: ElmMusik, ErkerodeMusik

Musik in schwierigen Zeiten - 343

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
 
zu Ostern 2018 habe ich mir einen musikalischen Wunsch erfüllt und im Kaiserdom die letzten drei Sinfonien von Wolfgang Amadeus Mozart aufgeführt: Die Sinfonien Nr. 39 Es-Dur KV 543, Nr. 40 g-Moll KV 550 und Nr. 41 C-Dur KV 551, die den Beinamen „Jupiter" erhielt.

Mozarts letzte Sinfonien sind für Interpreten und Wissenschaftler noch heute ein Wunder. Aus welchem Anlass sie geschrieben wurden, bleibt letztlich unbekannt, ebenso, ob sie Mozart zu Lebzeiten je selbst gehört hat. Nur neun Wochen soll es gedauert haben, bis sie niedergeschrieben waren - selbst für Mozart eine reife Leistung, der ein schneller Schreiber war und Musik im Kopf „vorkomponierte“.

Diese drei Sinfonien als Zyklus zu verstehen, als Werke, die aufeinander bezogen sind, hat sich in letzter Zeit immer mehr durchgesetzt. Die Argumente hierfür sind schlagkräftig. Man muss den Zusammenhang allerdings aus der Musik selbst herleiten, denn historische Quellen bleiben in dieser Hinsicht stumm. Es existieren keine Briefstellen und keine Dokumente von Zeitgenossen. Das einzige, was man mit Händen greifen kann, sind die Partituren und Mozarts Einträge in das Verzeichnis seiner Werke. Dort notierte er unter dem Datum des 26. Juni 1788 die Es-Dur-Sinfonie, am 25. Juli die g-Moll-Sinfonie und am 10. August die C-Dur-Sinfonie. Das Jahr 1788 war für Mozart schwierig. Sein Einkommen sank, die Schulden drückten; Erfolge, zumal in Wien, blieben aus. Sein Vater Leopold war ein Jahr zuvor gestorben. Depressive Stimmungen konnte der Komponist immer gut mittels Arbeit bekämpfen, und vielleicht diente sie ihm auch hier als Mittel zum Zweck. Oder nutzte Mozart schlicht die freie Zeit und vertraute auf eine rosige Zukunft?

Was die vermutete Zusammengehörigkeit dieser drei Werke betrifft, kann man Peter Gülke beipflichten: „Stücke wie diese kommen nicht im Abstand weniger Wochen zu Papier, ohne miteinander zu tun zu haben.“ Die Frage allerdings bleibt, ob eine Verwandtschaft absichtlich hergestellt wurde oder unbewusst zustande kam. Sind die letzten drei Sinfonien vielleicht eine Huldigung an Joseph Haydn, Mozarts väterlichen Freund und Mentor? Der hatte ein Jahr zuvor in Wien drei Sinfonien herausgebracht (Nr. 82 bis 84), an denen Mozart sich orientiert haben könnte - zumindest, was die Wahl der Tonarten betrifft.

Man hat nach weiteren Übereinstimmungen geforscht. Das berühmte Vierton-Motiv des Finales der „Jupiter“-Sinfonie hat man auch in anderen Sätzen gesucht und gefunden. Man hat betont, dass Mozart in jeder Sinfonie einen anderen Typ von Schlusssatz anstrebt: einen heiteren Kehraus, etwas Tänzerisches, eine Fuge. Man hat die dramaturgische Reihenfolge der Werke hervorgehoben: Einer pathetischen, repräsentativen Sinfonie folgt eine intime, innerlich bewegte, die wiederum von einem glanzvoll auftrumpfenden Werk gekrönt wird. Die drei letzten Sinfonien sind in jedem Fall eine „Summa summarum“, eine Quintessenz der kompositorischen Kunst Wolfgang Amadeus Mozarts. Für den Dirigenten Nikolaus Harnoncourt waren diese letzten drei Sinfonien mehr als drei einzelne sinfonische Meisterwerke. Für ihn stellen sie eine große, werkübergreifende Sinneinheit dar, weswegen er diese drei Werke auch als „instrumentales Oratorium“ bezeichnet. 

Unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt führte der Concentus Musicus Wien im Rahmen der „styriarte“, der sommerlichen Musikfestspiele Steiermark, die letzten drei Sinfonien von Wolfgang Amadeus Mozart am 5. Juli 2014 im Grazer Stefaniensaal auf:

www.youtube.com/watch

Beitrag von nr